Coronavirus / Covid-19 – Auswirkungen auf Franchisevertragsverhältnisse
Das neuartige Coronavirus stellt nicht nur das Gesundheitssystem, sondern auch die gesamte Wirtschaft – natürlich auch die Franchisewirtschaft - vor enorme, bisher so nicht dagewesene Herausforderungen. Mit milliardenschweren Notprogrammen der Bundesregierung sollen Firmenpleiten vermieden und Jobs gesichert werden. Ob einer Bewältigung der Corona-Epedemie eine Wirtschaftskrise folgt, ist nicht vorhersagbar, aber zu befürchten.
Franchisevertragsverhältnisse bieten grundsätzlich gute Chancen, im Verbund mit einem starken Franchisegeber und einem starken Franchiseverbund auf wirtschaftliche Krisensituationen und damit auch auf die Coronavirus-Krise zu reagieren. So kann gerade jetzt die Marktmacht genutzt werden, um vergünstigte Einkaufskonditionen über das Lieferantennetzwerk zu sichern. Die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten, Dienstleistungen (z.B. Beratungen) ohne persönlichen Kontakt zu erbringen. Franchisesysteme können dahingehend angepasst werden. Franchisegeber haben in finanzieller Hinsicht vielfältige Möglichkeiten, ihren Franchisenehmern finanziell unter die Arme zu greifen: Franchisegebühren können gestundet, zeitweise erlassen, reduziert oder feste Franchisegebühren auf ein umsatzabhängiges Modell umgestaltet werden. Franchisegeber können zudem oftmals übergeordnet Marketingmaßnahmen anstoßen, die sich ein einzelner Franchisenehmer selbst nicht leisten könnte.
Allerdings sind diese Maßnahmen - auch aus den berechtigten finanziellen Belangen der Franchisegeber heraus - in ihrer Wirkung und Umsetzbarkeit limitiert. Hinzu kommt, dass gerade Franchisesysteme aus dem Dienstleistungssektor, die auf persönliche Leistungserbringung am Kunden angewiesen sind, in ihren Möglichkeiten zur Anpassung auf die Coronavirus-Krise begrenzt sein können.
Franchisenehmern und darunter gerade diejenigen, deren Franchise bisher nicht erfolgreich lief und die demzufolge keine Rücklagen für die wohl anstehende Wirtschaftskrise bilden konnten, stellen sich daher die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten sie haben, um mit der sie treffenden wirtschaftlichen Krise umzugehen und insbesondere aus langfristig laufenden Franchiseverträgen herauszukommen. Eine gefestigte Rechtsprechung zu dem Thema gibt es naturgemäß noch nicht. Dennoch stehen zwei zentrale Beendigungstatbestände wirtschaftlich notleidenden Franchisenehmern nicht nur aber gerade in der Coronavirus-Krise zur Verfügung:
Franchisenehmer, die vor der Zahlungsunfähigkeit stehen und die mangels einer positiven Fortführungsprognose (z.B. weil sich die eingangs erwähnten Maßnahmen wie Franchisegebührenerlass oder Systemanpassung nicht umsetzen lassen), kurz vor der Insolvenz stehen, können nach Maßgabe des Einzelfalls den Franchisevertrag aus wichtigem Grund kündigen. Es ist Franchisenehmern in dieser Situation nicht zumutbar, erst in die Insolvenz zu gehen, um insolvenzrechtliche Sonderkündigungstatbestände geltend zu machen, da ihnen dadurch im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Neuaufbau die Kreditwürdigkeit abgesprochen werden könnte.
Franchisenehmern, die ihren Franchisevertrag und sonstige finanzielle Verpflichtungen (z.B. durch Quersubventionierungen) zwar zahlungsmäßig noch bedienen können, steht nach Maßgabe des Einzelfalls ein Kündigungsgrund wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Unmöglichkeit zu. Dies gilt aber nur ausnahmsweise und für diejenigen Fälle, in denen eine Vertragsanpassung im oben beschriebenen Sinne nicht möglich ist und das Franchisesystem als solches nicht mehr umsetzbar ist.
In jedem Fall ist die vorzeitige Beendigung eines Franchisevertrages als „Ultima Ratio“ nur nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände in Betracht zu ziehen. Franchisenehmer sollten sich dabei bewusst sein, dass ein derartiges Vorgehen mit erheblichen Prozessrisiken einhergeht.